Erläuterungen
I. Regelungsziel
Die Arbeitsrechtliche Kommission hat in den
Jahren 2006 und 2007 im sogenannten „AVR neu“-
Prozess eine Überarbeitung der
Arbeitsvertragsrichtlinien im Bereich des Deutschen Caritasverbandes
begonnen.
Dabei wurden bereits erste
Zwischenergebnisse zur Neuausrichtung im Hinblick auf Aspekte wie
die Vergütungsstufen, die
vergütungsrechtliche Eingruppierung, die Vergütungstabellen, die
leistungsbezogene Vergütung und die familienbezogene Vergütungskomponente
erarbeitet.
Im Rahmen der neuen AK-Strukturen haben sich
beide Seiten der Verhandlungskommission der
Bundeskommission auf das gemeinsame Ziel
geeinigt, neben der von Mitarbeiterseite geforderten
Vergütungserhöhung auch erste strukturelle
Entscheidungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung
der AVR zu treffen.
In der Aprilsitzung der
Verhandlungskommission der Bundeskommission fanden die Beschlussanträge
sowohl der Mitarbeiter- wie auch der Dienstgeberseite hierzu nicht die
erforderliche Mehrheit.
Daraufhin wurde am 10. April 2008 der
Ältestenrat von der Verhandlungskommission angerufen,
d.h. die erste Stufe des
Vermittlungsverfahrens nach der neuen AK-Ordnung eingeleitet.
In insgesamt drei Sitzungen hat der
Ältestenrat einen Vermittlungsvorschlag erarbeitet, den die
Verhandlungskommission am 9. Mai 2008
zunächst in Form eines Eckpunktepapiers und am 27.
Mai 2008 in Form einer ausformulierten
Beschlussvorlage angenommen hat.
Mit diesem Papier sollen im Sinne der
Zielsetzung in der Verhandlungskommission neben einer
Vergütungserhöhung für die Jahre 2008 und
2009 auch erste strukturelle Entscheidungen und
Weichenstellungen im Hinblick auf die
Weiterentwicklung der AVR getroffen werden.
II. Wesentlicher Inhalt
1. Regelvergütung u.a.
Vergütungsbestandteile
Die Bundeskommission legt eine neue
Vergütungsstruktur fest. Die neue Regelvergütung setzt
sich zusammen aus der Grundvergütung nach
den Anlagen 3 und 3a zu den AVR, dem Ortszuschlag
der Stufe 1 nach Anlage 4 zu den AVR sowie
der Allgemeinen Zulage nach Anlage 10 zu
den AVR jeweils mit Stand vom 31. Dezember
2007.
Dabei bleibt die Anzahl der Stufen der
Regelvergütungstabellen bestehen und die Stufen werden
in der Weise verändert, dass die im Hinblick
auf das AGG problematischen Lebensaltersstufen in
solche Stufen umgewandelt werden, die eine
Berufserfahrung des Mitarbeiters berücksichtigen;
dabei sind Zeiten im Bereich der AVR und im
Bereich der katholischen Kirche in vergleichbaren
Tätigkeiten anzurechnen; Zeiten bei anderen
Arbeitgebern sind dann anzurechnen, sofern sie Voraussetzung für die
Einstellung des Mitarbeiters sind. Ausbildungszeiten, die über drei Jahre
hinausgehen, können angerechnet werden.
Die Mittelwerte der neuen
Regelvergütungstabellen der neuen Anlagen 3 und 3a zu den AVR werden
für die Vergütungsgruppen 9 bis 1 der
Anlagen 2 und 2d zu den AVR sowie für die Vergütungsgruppen
Kr 3 bis Kr 14 der Anlagen 2a und 2c zu den
AVR vom 1. Januar 2008 bis zum 31.
Dezember 2008 um 50,- Euro und anschließend
um 1,6 v.H. erhöht; abweichend davon gelten
diese Mittelwerte und ihre Erhöhung im
Gebiet der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und
Sachsen ab 1. April 2008.
Eine weitere Erhöhung dieser Mittelwerte um
4,3 v.H. gilt vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember
2009.
Für die Vergütungsgruppen 12 bis 10 der
Anlage 2 zu den AVR sowie Kr 1 bis Kr 2 der Anlagen 2a
und 2c zu den AVR werden diese Mittelwerte
zu den genannten Zeitpunkten ohne Sockelbetrag
von 50,- Euro um 1,6 v.H. bzw. um 4,3 v.H.
erhöht.
Bei Krankenpflege- und Altenpflegehelfern in
den Vergütungsgruppen Kr 2 Ziffern 1 und 2 der Anlagen
2a und 2c zu den AVR erhalten sowohl die
vorhandenen als auch die neuen Helfer den Sockelbetrag
stattdessen in Form einer Zulage, für die
die Bundeskommission ebenfalls Mittelwerte
festgelegt hat.
Bei allen anderen Mitarbeitern dieser
Vergütungsgruppen mit Ausnahme der Alten- und Krankenpflegehelfer i.S.d.
Ziffern 1 und 2 der Vergütungsgruppe Kr 2 der Anlagen 2a und 2c zu den AVR
erhalten nur die vorhandenen Mitarbeiter den Sockelbetrag in dieser Form.
Die Vergütungsgruppenzulage für Mitarbeiter
im Sozial- und Erziehungsdienst in den Anmerkungen
A bis F zu den Tätigkeitsmerkmalen der
Vergütungsgruppen 1a bis 9 der Anlage 2d zu den
AVR nimmt ebenfalls an den jetzigen
prozentualen Vergütungserhöhungen teil. Die Bundeskommission hat auch hierzu
Mittelwerte festgelegt.
Für Dozenten und Lehrkräfte gilt eine
Sonderregelung, die durch eine entsprechende Kürzung der
Mittelwerte der Regelvergütung die bisherige
Rechtslage fortsetzt.
Zwar entfällt für neue Mitarbeiter der
verheiratetenbezogene Ortszuschlag – der Besitzstand für
vorhandene bereits verheiratete Mitarbeiter
bleibt gewahrt. Der kinderbezogene Ortszuschlag
bleibt aber in Form einer Kinderzulage
erhalten. Diese Kinderzulage mit einem Mittelwert in Höhe
von 90,- Euro wird an neue Mitarbeiter in
Form eines Festbetrages und für vorhandene Mitarbeiter
entsprechend dynamisiert und unter Wahrung
des Besitzstandes gezahlt.
Die Mittelwerte für die Weihnachtszuwendung
und das Urlaubsgeld ergeben sich aus der bisherigen
Berechnungsformel bzw. den bisherigen
Werten.
Alle Mitarbeiter erhalten im Januar 2009
eine Einmalzahlung mit einem Mittelwert in Höhe von
225,- Euro.
Die jeweiligen Entgelte und
Ausbildungsleistungen für Schüler, Auszubildende und Praktikanten
nach Anlage 7 zu den AVR werden ab 1. Januar
2008 um einen Mittelwert von 70,- Euro erhöht.
2. Arbeitszeit
Der Mittelwert für den Umfang der
regelmäßigen Arbeitszeit wird vom 1. Januar 2008 bis 31. August
2009 bei 38,5 Wochenstunden festgelegt und
vom 1. September 2009 bis 31. Dezember
2009 bei 39 Wochenstunden.
3. Umfang der Bandbreiten
Für die Höhe aller unter Ziffer 1 genannten
Vergütungsbestandteile mit Ausnahme der Weihnachtszuwendung gilt ab Januar
2008 eine Bandbreite von 7 Prozent Differenz nach oben und
nach unten und ab Januar 2009 eine
Bandbreite von 10 Prozent Differenz nach oben und nach
unten.
Für die Weihnachtszuwendung gilt ab Januar
2008 eine Bandbreite von 0,1 Prozent Differenz nach
oben und nach unten.
Für den Umfang der Arbeitszeit gilt ab
Januar 2008 eine Bandbreite von 6 Prozent Differenz nach
oben und nach unten.
4. Region Ost
Die Sonderregelungen in § 2a des Allgemeinen
Teils der AVR für die Region Ost entfallen, soweit
deren Inhalte von den o.g. Regelungen zu den
Mittelwerten und Bandbreiten umfasst sind. Darüber
hinaus werden die Regelungen zur
Wechselschicht- und Schichtzulage, zur Heim- und Werkstattzulage, zu
sonstigen Zulagen und zur Vergütung für Sonderleistungen der Mitarbeiter in
dieser Vorschrift gestrichen, so dass diesbezüglich für alle Mitarbeiter im
Geltungsbereich der AVR die gleichen Werte gelten.
5. Weitere Schritte
Zu den Themen „Ärztevergütung, „Abschaffung
des Anhang C und der Sonderregelung Berlin“,
„Überarbeitung des Eingruppierungssystems“
sowie „Koalition und Teilhabe an der allgemeinen
Lohnentwicklung“ werden Ausschüsse
eingesetzt.
Daneben erhält das derzeit in Gründung
befindliche Tarifinstitut gemeinsame Aufträge, anhand
konkret aufgelisteter Einzelaspekte eine
Datenbasis zur Unterstützung der weiteren Tarifentwicklung
zu schaffen.
Alle Mittelwerte wurden mit dem Ziel
befristet, dass ab dem 1. Januar 2010 keine Möglichkeit für
die Regionalkommissionen bestehen soll, neue
Werte zur Höhe der Vergütungsbestandteile und
zum Umfang der Arbeitszeit zu beschließen,
soweit und solange die Bundeskommission für den
Zeitraum nach dem 31. Dezember 2009 keine
neuen Mittelwerte für die Höhe der Vergütungsbestandteile und für den Umfang
der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 1 der Anlage 5 zu den AVR festgelegt
hat. In diesem Fall gelten die zu diesem Zeitpunkt gültigen Werte der
Regionalkommissionen unverändert fort. Damit soll sichergestellt werden,
dass die Tarifverhandlungen auch in Zukunft im Wesentlichen von der
Bundesebene geprägt werden. Beschlüsse nach § 11 AK-Ordnung sind weiterhin
zulässig.
6. Ansonsten gilt zum Verfahren:
Bei den Vergütungsbestandteilen und beim
Umfang des Erholungsurlaubes, für die die Bundeskommission keine mittleren
Werte und keine Bandbreiten festgelegt hat, gelten die Werte der AVR mit
Stand vom 31. Dezember 2007 unverändert fort.
Soweit eine Regionalkommission durch
Beschluss innerhalb der von der Bundeskommission festgelegten Bandbreiten
Werte zur Höhe der Vergütungsbestandteile und zum Umfang der regelmäßigen
Arbeitszeit festlegt, werden die von der Bundeskommission veränderten
Vergütungsstrukturen übernommen und zum Tag der Umstellung die betroffenen
Bestimmungen mit Stand 31. Dezember 2007 durch die neuen
Vergütungsregelungen, Tabellen und Werte für diese Region ersetzt.
Dabei sollen die Werte in den Abschnitten B
bis H des Beschlusstextes nur als Paket und nicht
etwa isoliert von den Regionalkommissionen
gefasst werden können.
Soweit etwa für Mitarbeiter im Gebiet der
Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,
Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen ein
vom 1. Januar 2008 abweichender Stichtag für die
Umstellung festgelegt wird, gelten die Werte
der AVR mit Stand vom 31. Dezember 2007 bis zu
diesem Zeitpunkt unverändert fort.
Soweit Mitarbeiter von den Regelungen zu den
Vergütungsstrukturen der AVR mit Stand 31. Dezember 2007 in die neuen
Regelungen zu den Vergütungsstrukturen der AVR zum Tag der Umstellung
überführt werden, gelten die Überleitungs- und Besitzstandsregelungen der
neuen Anlagen
1a, 1b und 7a zu den AVR.
III. Beschlusskompetenz
Die Bundeskommission hat gemäß § 10 Absatz 1
AK-Ordnung eine umfassende Regelungszuständigkeit mit Ausnahme der Bereiche,
die ausschließlich den Regionalkommissionen zugewiesen sind.
Da den Regionalkommissionen die Festlegung
der Höhe aller Vergütungsbestandteile, des Umfangs
der regelmäßigen Arbeitszeit und des Umfangs
des Erholungsurlaubs im Rahmen der von
Bundesebene vorgegebenen Mittelwerte und
Bandbreiten sowie die Zuständigkeit für Regelungen
der Beschäftigungssicherung übertragen
wurden (§ 10 Absätze 2 und 3 AK-Ordnung), ergibt sich
hieraus im Umkehrschluss eine Zuständigkeit
der Bundeskommission für alle sonstigen, d.h. manteltariflichen bzw.
strukturellen Regelungsgegenstände. Außerdem ist die Bundeskommission für
die Festlegung der o.g. Mittelwerte und
Bandbreiten zuständig.
Im vorliegenden Text werden sowohl
Strukturveränderungen in den AVR als auch Festlegungen
für Mittelwerte und Bandbreiten getroffen,
die beide in die Zuständigkeit der Bundeskommission
fallen.
Die Verhandlungskommission der
Bundeskommission hat am 27. Mai 2008 und am 18. Juni 2008
gemäß § 13 Absatz 1 AK-Ordnung den oben
wiedergegebenen Beschluss gefasst. Die Beschlusskommission hat diesem
Beschluss am 19. Juni 2008 gemäß § 13 Absatz 1 AK-Ordnung zugestimmt.
Da in diesem Beschluss die strukturellen
Veränderungen mit der Festlegung der mittleren Werte
verknüpft sind, bedarf es zur Wirksamkeit
der Strukturveränderungen wie auch zur konkreten Festlegung der Höhe aller
Vergütungsbestandteile und des Umfangs der regelmäßigen Arbeitszeit
nach der zweistufigen Beschlussfassung auf
Bundesebene in einem dritten Schritt noch entsprechender eigener Beschlüsse
auf Regionalebene.